Geschichte

„Landshut im Nationalsozialismus. Opfer. Täter. Zuschauer.“

Zum Thementag „Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit“ am 21.09.2024 im LANDSHUTmuseum und am ehem. Stalag Moosburg VII A,

Daniel Studener bei seiner Führung im LANDSHUTmuseum , im Rahmen der Ausstellung  im LANDSHUTmuseum (Foto: Doris Danzer)

Eines der größten Kriegsgefangenenlager der Deutschen Wehrmacht befand sich in Moosburg. Errichtet wurde es 1939 für 10.000 Menschen, befreit wurden am 29. April 1945 von einer Einheit der amerikanischen Armee zwischen 30.000 und 70.000. Insgesamt haben bis zu 200.000 Soldaten verschiedenster Nationen das Lager durchlaufen. Mehrere hundert dieser Gefangenen, v. a. Franzosen, US-Amerikaner und Briten, waren auch in Landshut und Umgebung während des Zweiten Weltkrieges zur Zwangsarbeit eingesetzt worden: viele in der Landwirtschaft, aber auch in der Keksfabrik, den Vereinigten Kunstmühlen und für Aufräumarbeiten am bombardierten Hauptbahnhof.

Heute ist das Stalag VII A, so der offizielle Name des Kriegsgefangenlagers, Teil von Moosburgs Stadtgeschichte, in Landshut aber ist es kaum bekannt. Um dies zu ändern, auf den Alltag der Gefangenen, die noch bestehenden Gebäude des Lagers und deren Denkmalschutzwürdigkeit hinzuweisen, veranstalteten die Museen der Stadt Landshut gemeinsam mit der VHS Landshut und Christine Fößmeier aus Moosburg am 21. September 2024 einen Thementag zu „Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit“.

Dieser startete für die 24 Teilnehmenden am Vormittag mit einer Führung durch die Ausstellung „Landshut im Nationalsozialismus“ im LANDSHUTmuseum. Dort erläuterte Daniel Studener, Experte zum Luftkrieg in der Region Landshut, die Unterbringung und Arbeitseinsätze der Gefangenen aus dem Stalag Moosburg in Stadt und Landkreis Landshut sowie ihre Rückführung nach Hause über den Flugplatz Ergolding Anfang Mai 1945, nach Kriegsende. Anhand von Lebensmittelpaketen, die in der Ausstellung zu sehen sind, erklärte er die Versorgung von amerikanischen und britischen Kriegsgefangenen. Aussagen ehemaliger amerikanischer Gefangener, die ebenfalls im LANDSHUTmuseum nachzulesen sind, verdeutlichen, dass die Bewacher bei der Behandlung der Kriegsgefangenen teilweise gegen Regularien der Genfer Konvention verstoßen haben. Anschließend berichtete die Historikerin Doris Danzer vom Schicksal zweier junger Frauen aus Landshut, die Liebesbeziehungen mit französischen Kriegsgefangenen eingegangen waren, und informierte über das KZ-Außenlager in Landshut.

Christine Fößmeier beim ehemaligen Eingang zum Kriegsgefangenenlager in Moosburg (Foto: Detlef Rüsch)

Nach einer kurzen Mittagspause gelangten die Teilnehmenden mit dem Bus nach Moosburg. Dort wurden sie am ehemaligen Eingang zum Kriegsgefangenenlager in der Sudetenlandstraße von Christine Fößmeier empfangen. Die Journalistin, Kunsthistorikerin und Künstlerin führt seit vielen Jahren Besuchergruppen über das ehemalige Stalag-Gelände in der Moosburger Neustadt. Darunter waren bisher auch internationale Gäste aus den USA, Australien oder Südafrika, oftmals Angehörige ehemaliger Gefangener, wie sie erzählte. Für sie stellten die wenigen noch vorhandenen Baracken des Lagers wichtige Ankerpunkte dar, um ihre Familiengeschichte rekonstruieren zu können. Auch aus diesem Grund setzen sich neben Fößmeier auch die Mitglieder des Vereins Stalag Moosburg für den Erhalt einer ehemaligen Gefangenenbaracke an der Sudetenlandstraße sowie von drei Wachmannschaftsgebäuden an der Schlesierstraße ein. Vereinsvorsitzende Tina Naumović berichtete schließlich, dass erst jüngst diese Gebäude erneut als denkmalschutzwürdig, weil einzigartig in ihrer Art in Deutschland bestätigt wurden. Teile der Innenräume seien wie Zeitkapseln, zeigen sie doch die Inneneinrichtung nicht nur aus der Zeit des Gefangenenlagers, sondern auch aus den Jahren der frühen BRD, als zunächst Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und später türkische Gastarbeiter hier untergebracht waren. Leider sind die Baracken aktuell nur von außen zu besichtigen. Ob sie erhalten werden können, ist ungewiss: Die Stadt Moosburg möchte auf dem Grundstück gerne Erweiterungsbauten für die gegenüberliegende Mittelschule errichten.

Wer sich individuell über die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers informieren möchte, dem sei das Heimatmuseum am Moosburger Stadtplatz empfohlen, ebenso das Stalag-Neustadt-Museum an der Hodschager Straße. Informationen zu Führungen durch das ehemalige Lager sowie zu den Aktivitäten des Stalag Moosburg-Vereins gibt es auf folgenden Webseiten: www.stalag-moosburg.de und www.christine-foessmeier.de.

Mehr anzeigen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"