LESERBRIEF DES OB-KANDIDATEN DR. MÜLLER-KROEHLING ZUR ABSAGE DER 9. PODIUMSDISKUSSION
Leserbrief des OB-Kandidaten Dr. Stefan Müller-Kroehling:
Zur heutigen (10.3.) Absage der 9. OB-Podiumsdiskussion beim Stadtjugendring durch den OB
Heute Nachmittag (10.3.) ca. um 16:00 hat mich OB Putz telefonisch informiert, wohl in seiner Funktion als Stadtoberhaupt und somit als seine Entscheidung, dass die heutige Podiumsdiskussion beim SJR, so sinngemäß, aufgrund der aktuellen Empfehlungen der Staatsregierung, auch Veranstaltungen unter 1000 TN nur im absolut erforderlichen Umfang durchzuführen, abgesagt sei.
Dies musste ich natürlich akzeptieren, auch wenn ich die mir zwischenzeitlich zur Kenntnis gelangte Pressekonferenz von Ministerpräsident Dr. Söder so verstehe, dass über 1000 Teilnehmern eine Absagepflicht besteht, zwischen 500 und 1000 eine Absage empfohlen wird je nach Art der Veranstaltung, und darunter der Veranstalter nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden solle.
Im genauen Wortlaut “ Bei Veranstaltungen unter 500 Personen soll es weiterhin die Entscheidung jedes Einzelnen sein, ob diese durchgeführt oder besucht werden.“
Quellen:
https://www.br.de/nachrichten/bayern/corona-verbot-von-grossveranstaltungen-in-bayern-beschlossen,Rsp3bZO
https://www.bayern.de/bericht-aus-der-kabinettssitzung-vom-10-maerz-2020/
Und Herr Putz ging heute am Telefon von etwa 200 Teilnehmern aus. Eine entsprechende Empfehlung zur Absage lese ich aus den Mitteilungen des Ministerrats für eine Veranstaltung mit ca. 200 Teilnehmern eigentlich nicht heraus. Damit deckt sich die Darstellung von Herrn Putz, es werde seitens Ministerrates auch unter 1000 Teilnehmern eine Absage empfohlen, nach meinem Verständnis nicht mit der tatsächlichen Regelung und Empfehlung.
Ändern konnte ich an der Absage zum Zeitpunkt des Anrufs aber natürlich nichts mehr, zumal so kurz vor der Veranstaltung, und angesichts der Tatsache, dass ich sicher nicht der Erste war, den er angerufen hat, und eben in Unkenntnis der tatsächlichen exakten Regelung zum Zeitpunkt des Anrufs.
Zusammen mit seiner am Telefon ebenfalls noch getätigten Äußerung, die Wahl sei ohnehin schon entschieden (wörtlich: „die Messen sind eh schon gesungen“), zumal seiner Meinung nach angesichts der großen Briefwähler-Zahl, und was man ja auch am Ergebnis der U18-Wahl sehen könne, ergibt sich für mich ein fader Beigeschmack.
Als alter Fußballspieler weiß ich: das Spiel hat 90 Minuten (oder im Football: 60 Minuten), und mein Sportsgeist hätte eigentlich schon erwartet, dass diese Podiumsdiskussion nach vernünftigem Ermessen noch stattfinden hätte können und auch sollen. Man kann ja auch Vorkehrungen treffen, ausreichend Desinfektariumsspender, größere Stuhlabstände, klar kommunizierte Regeln zur „Nies- und Hust-Etikette“. Noch um 14:00 hat ein Landshuter Journalist beim SJR angerufen und die Auskunft erhalten, die Veranstaltung finde statt.
Ich habe beim Anruf von Herrn Putz jedenfalls, zu diesem Zeitpunkt noch in Unkenntnis des tatsächlichen genauen Wortlautes der Empfehlungen des bayerischen Ministerrates, nur mein Bedauern für die Absage zum Ausdruck gebracht, denn ich halte jede Podiumsdiskussion für eine wertvolle Möglichkeit der Meinungsbildung der Wähler.
Und auch wenn es bisher schon acht solche Diskussionen gab, so waren sie doch jedesmal nicht nur mit anderen Schwerpunktthemen, sondern auch mit anderen Moderatoren, meist auch anderen Moderationskonzepten, und natürlich auch einem anderen tagesaktuellen Kontext versehen. Der diesmal unter anderem die aktuelle Flüchtlingskrise an der südöstlichen EU-Grenze und auch das Corona-Virus gewesen wäre.
Heute wäre es neben Themen wie Umwelt, Klima, Verkehr auch und speziell um Jugend und Migration gegangen. In Ermangelung der heutigen Podiumsdiskussion will ich daher die Gelegenheit an dieser Stelle nutzen, speziell zu diesen Themen ein paar Gedanken zu äußern. (Die übrigen für heute geplant gewesenen Themen waren ja bereits Gegenstand früherer Podiumsdiskussionen.)
Jugend: hier verweise ich auf die Positionen in dem Wahl-Plakat-Umfrage-Poster des SJR, das als Grundlage für die U18-OB-Wahl diente, und die ich auf meiner Seite hochladen werde. Auch wenn ich bei besagter U18-Wahl nur knapp 5% der Stimmen bekommen habe, halte ich dieses Ergebnis keineswegs für eine Richtungsaussage zur echten Wahl kommenden Sonntag. Zumal der OB die Vorstellung der Wahl einmal mehr für eine Werbung in eigener Sache genutzt hat, anders als im Landkreis, was nicht nur mir, sondern auch Pressefachleuten negativ aufgefallen ist und ihm sicher einmal mehr einen Vorteil verschafft hat (siehe unten).
Meine Positionen sind nicht bei dieser Wählergruppe anbiedernd, aber doch ganz im Interesse dieser Altersgruppe: Wahlrecht ab 16, einen Jugendbeirat nach Regensburger Vorbild, vergleichbar dem Seniorenbeirat oder Behindertenbeirat, ferner auch das Bemühen, mehr junge Leute in die anderen Beiräte einzubeziehen, wo immer sinnvoll und möglich (z.B. in den Behindertenbeirat). Jugendparlamente sind oft schwierig, da junge Leute oft für die Ausbildung wegziehen, das Jugendforum hat sich 2019 laut verschiedenen Quellen als wenig ergiebige Veranstaltung erwiesen, da auf die Vorstellungen der Jugendlichen seitens OB dem Vernehmen nach wenig eingegangen wurde. So zumindest die Wahrnehmung jener Schüler der Wirtschaftsschule Seligenthal, die bei meinem Besuch dort am 5.2. aus dieser Veranstaltung berichtet hatten.
Ferner günstige Mobilitätsangebote, z.B. Anruf-Sammeltaxis für Nachtfahrten, und vielfältige Sportplätze und -angebote, auch für Jugendliche mit wenig Geld.
Sowie bestmögliche Förderung an den Schulen durch bestmögliche Ausstattung aller Schulen, personell und mit Lehrmitteln und Räumen, in allen Stadtvierteln. Sichere Schulwege, v.a. auch Radwege, durch Ausweisung von Fahrradstraßen. Und konsequentes Vorgehen gegen Mobbing und Gewalt an Schulen und in Jugendeinrichtungen, mit einer Null-Toleranz-Strategie gegen beides und ein anonymes Meldetelefon für Vorfälle in diesem Zusammenhang und eine rasche und konsequente Reaktion seitens der Verantwortlichen. Weil Sicherheit und Unversehrtheit sehr hohe Güter sind und es Aufgabe des Staates ist, dafür zu sorgen.
Migration: hier stehe ich klar zu unserem Asylsystem, und zu einer vielfältigen Gesellschaft. Aber auch klar gegen eine Überlastung des Systems durch ein Zuviel an Zuwanderung, gerade auch solcher ohne die entsprechenden rechtlichen Grundlagen. Das Asylsystem sieht eine Einreise aus sicheren Drittstaaten nicht vor, eine freie Durchreise und anschließende, freiwillige Verteilung innerhalb Europas ist gescheitert, ja hat die EU in die schwerste Krise seit ihrer Gründung geführt, und u.a. zum Erstarken rechtsnationaler, EU-feindlicher Parteien in einigen osteuropäischen EU-Staaten und auch zum Brexit, der ohne den dort als Bedrohungen empfundenen Migrationsdruck vom Kontinent definitiv nie auch nur annähernd eine Mehrheit gefunden hätte.
Wer sich also hinstellt und offene Grenzen fordert, oder die Legalisierung jeglicher Form von Zuwanderung, der sollte sich bewusst sein, dass er damit nicht nur dem Erstarken Europa- und zum Teil auch demokratiefeindlicher Kräfte indirekt den Weg ebnet, sondern auch das gesamte Friedensprojekt Europa, das wir in der immer verrückter werdenden Welt als Vernunfts-Anker mehr denn je brauchen, gefährdet.
Wir müssen die hier aufgenommenen, schutzbedürftigen Menschen gut versorgen, aber es dürfen auch keine sozialen Spannungen dadurch entstehen, dass sich dann mancher Einheimische schlechter versorgt fühlt, obwohl er jahrzehntelang sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat. Solche Fälle wurden mir aktuell in vertraulichen Gesprächen aus der Bevölkerung berichtet, und man sollte so was nicht leichtfertig abtun. Wir müssen das Bestmögliche für die legal hier lebenden Asylsuchenden tun, vor allem auch in Bezug auf Integration, aber dafür muss dies auch leistbar bleiben. Ohne gelungene Integration ist das Zusammenleben in verschiedener Hinsicht stark erschwert. Integration kann nur gelingen, wenn keine Parallelgesellschaften entstehen, wie sie in vielen großen europäischen Städten leider bereits bestehen, bis hin zu Stadtvierteln, die selbst für die Polizei zu No-Go-Areas geworden sind. Daher sage ich: keine sozialutopischen Parolen oder Schau-Aktionen, sondern pragmatisches, umsichtiges und alle Aspekte berücksichtigendes Vorgehen. Und vor allem endlich wirklich die Fluchtursachen bekämpfen. Keine Schwarzfischerei europäischer Fischfangflotten vor afrikanischen Küsten mehr, damit Fischer dort weiter eine Existenzgrundlage haben. Keine deutschen Waffenlieferungen in Konfliktgebiete mehr genehmigen. Und vor allem kein Versagen deutschen Außenpolitik und Diplomatie mehr, die ein ums andere Mal nicht geschafft hat, mit konsequentem wirtschaftlichen Druck (dem einzigen Druck, den Deutschland international hat), Konflikte zu entschärfen, statt mit markigen Sprüchen des Außenministers jeweils Öl ins Feuer von Konflikten zu gießen, wie in Syrien und der Ukraine der Fall gewesen, die sich in der Folge zu furchtbaren, zerstörerischen Bürgerkriegen entwickelt haben, mit unvorstellbarem Leid und Sterben und der unwiederbringlichen Zerstörung ganzer Landstriche.
Fazit dieses Posts: es wäre eine spannende Podiumsdiskussion geworden, und ich denke auch, dass sie für eine weitere Meinungsbildung hilfreich gewesen wäre. Schade, dass die Stadtspitze entschieden hat, sie abzusagen, aus für mich bei Vorliegen aller Informationen, die ich oben dargelegt habe, nicht ganz nachvollziehbaren Gründen und bei einer nach meiner Wahrnehmung auch nicht korrekten Darstellung der Empfehlung des Minsterrates.
Zur Bedeutung der Podiumsdiskussionen trägt auch bei, dass viele Informationsangebote der LZ sehr spät gekommen sind, wie etwa die tabellarische Übersicht der wichtigsten Positionen der OB-Kandidaten, die erst übermorgen erscheinen wird, bzw. für den 12./13.3. angekündigt ist, also 3 bzw. 2 Tage vor der Wahl. Ebenso wie die Interview-Serie mit den OB-Kandidaten, die erst eine gute Woche vor der Wahl komplett war. Angesichts der hohen Anteile von Briefwählern ein unverständliches Timing, das vor allem jene Kandidaten benachteiligt, die nicht kraft Amtes ständig für sich Werbung machen können (wie einzig der Amtsinhaber), und noch viel mehr jene Kandidaten, die nicht aufgrund üppiger Wahlkampfspenden (vor drei Jahren waren es z.B. beim CSU-OB-Kandidaten Radlmeier, der die Zahlen öffentlich gemacht hat, über 200.000 EUR an Wahlkampfmitteln) in allen Medien dauerpräsent sein können. Was im Wesentlichen für alle anderen Mitbewerber außer mir und Herrn Hemmann von LINKE/mut zutrifft. Die „Wahlkampfrichtlinien“ der LZ, die weder Leserbriefe noch Berichterstattungen von „Wahlkampfveranstaltungen“ mit Bild erlauben (wenn nicht externe Prominenz die Veranstaltung beehrt), bevorteilen also klar den Amtsinhaber und jene Mitbewerber, die in der Lage sind, externe Prominenz auflaufen zu lassen, und/oder kostenpflichtige Werbung zu schalten.
Ist die Wahl deswegen schon entschieden, wie Herr Putz heute am Telefon meinte? Ich meine nicht.
Dr. Stefan Müller-Kroehling www.mueller-kroehling.de OB-Kandidat der ÖDP für Landshut
Foto: Müller-Kroehling priv.