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Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 6. Mai 2020

Beschluss

TOP 2 Maßnahmen zur Eindämmung der COVID19-Epidemie

Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder

fassen folgenden Beschluss:

Die exponentielle Anstieg der Infektionszahlen Anfang März in Deutschland hat

deutlich gemacht, was für ein hohes Ansteckungspotenzial das SARS-Cov2-Virus hat.

Trotzdem ist es Deutschland in der Folge gelungen, durch einschneidende

Beschränkungen die Zahl der täglichen Neuinfektionen wieder deutlich zu reduzieren.

Auch nachdem seit dem 20. April schrittweise erste Öffnungsmaßnahmen

durchgeführt wurden, ist die Zahl der Neuinfektionen niedrig geblieben. Stand heute

ist keine erneut einsetzende Infektionsdynamik erkennbar. Dies ist insbesondere

darauf zurückzuführen, dass die Bürgerinnen und Bürger mit einem Höchstmaß an

Eigenverantwortung das Kontaktverbot sowie die Hygiene- und Abstandsregeln

eingehalten haben.

Deshalb gehen Bund und Länder heute einen erheblichen weiteren Öffnungsschritt,

insbesondere um die Bildungschancen von jungen Menschen zu wahren, um den

wirtschaftlichen Schaden, den das Eindämmen des Virus verursacht, weiter zu

begrenzen und die freiheitseinschränkenden Maßnahmen für die Bürgerinnen und

Bürger auf das unbedingt Notwendige zu begrenzen.

Damit haben Bund und Länder den Pfad zur schrittweisen Öffnung gemeinsam

definiert. Wenn angesichts auch dieses zweiten großen Öffnungsschritts die

Neuinfiziertenzahlen weiter niedrig bleiben, sollen die Länder in eigener

Verantwortung vor dem Hintergrund landesspezifischer Besonderheiten und des

jeweiligen Infektionsgeschehens die verbliebenen Schritte auf der Grundlage von

Hygiene- und Abstandskonzepten der jeweiligen Fachministerkonferenzen gehen.

Mit jedem zusätzlichen Grad der Öffnung wird es umso wichtiger, dass Abstands- und

Hygieneregeln weiter konsequent eingehalten werden, weil durch die zunehmende

Zahl an Kontakten die Gefahr des Entstehens neuer Infektionsketten steigt. Diese

müssen schnell erkannt und unterbrochen werden. Dazu leistet der öffentliche

Gesundheitsdienst einen zentralen Beitrag, für den Bund und Länder allen Mitarbeitern

in den Gesundheitsdiensten und den vielen Helfern in der Kontaktnachverfolgung

herzlich danken.

Neben der Kontaktnachverfolgung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst kommt

im Falle des Entstehens einer regionalen hohen Infektionsdynamik der rechtzeitigen

Einführung örtlicher Beschränkungen eine große Rolle zu, um ein Übergreifen der

Infektionsdynamik auf ganz Deutschland und damit die Wiedereinführung

deutschlandweiter Beschränkungen zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Bundeskanzlerin und die

Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder:

1. Die gemeinsamen Beschlüsse sowie die begleitenden ChefBK/CdS-Beschlüsse

sowie die Entscheidungen des Corona-Kabinetts bleiben gültig, soweit im

Folgenden nicht abweichende Festlegungen getroffen werden.

2. Die wichtigste Maßnahme gerade angesichts der Öffnungen bleibt noch für lange

Zeit, Abstand zu halten. Deshalb bleibt es weiter entscheidend, dass Bürgerinnen

und Bürger in der Öffentlichkeit einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten.

Diese Maßnahme wird ergänzt durch eine Maskenpflicht in bestimmten öffentlichen

Bereichen. Die Kontaktbeschränkungen sollen grundsätzlich bis zum 5. Juni weiter

gelten. Angesichts der niedrigen Infektionszahlen soll der Aufenthalt im

öffentlichen Raum jedoch nicht nur alleine, mit den Angehörigen des eigenen

Hausstandes oder einer weiteren Person sondern auch mit den Personen eines

weiteren Hausstandes gestattet werden. Bereits getroffene Entscheidungen

bleiben unberührt.

3. Gerade wenn weitreichende Öffnungen erfolgt sind, steigt die Gefahr einer

dynamischen Entwicklung. Diese ist bereits zu Beginn der Pandemie häufig von

lokalen Ereignissen befördert und dann weiterverbreitet worden. Deshalb bauen

Bund und Länder weiter schnell abrufbare Unterstützungsma.nahmen für

besonders betroffene Gebiete auf und stimmen sich dabei zwischen den

Krisenstäben von Bund und Ländern weiter eng ab.

Ab einer gewissen Relevanz muss auf eine regionale Dynamik mit hohen

Neuinfektionszahlen und schnellem Anstieg der Infektionsrate sofort vor Ort mit

Beschränkungen reagiert werden. Deshalb werden die Länder sicherstellen, dass

in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit kumulativ mehr als 50 Neuinfektionen

pro 100.000 Einwohnern innerhalb der letzten 7 Tage sofort ein konsequentes

Beschränkungskonzept unter Einbeziehung der zuständigen Landesbehörden

umgesetzt wird. Die Landesgesundheitsbehörden informieren darüber das Robert-

Koch-Institut.

Bei einem lokalisierten und klar eingrenzbaren Infektionsgeschehen, zum Beispiel

in einer Einrichtung, kann dieses Beschränkungskonzept nur diese Einrichtung

umfassen. Bei einem verteilten regionalen Ausbruchsgeschehen und unklaren

Infektionsketten müssen allgemeine Beschränkungen regional wieder konsequent

eingeführt werden. Diese Maßnahmen müssen aufrechterhalten werden, bis dieser

Wert mindestens 7 Tage unterschritten wird.

Darüber hinaus sind auch Beschränkungen nicht erforderlicher Mobilität in die

besonders betroffenen Gebiete hinein und aus ihnen heraus spätestens dann

geboten, wenn die Zahl weiter steigt und es keine Gewissheit gibt, dass die

Infektionsketten bereits umfassend unterbrochen werden konnten.

4. Zur Unterstützung der schnellen und möglichst vollständigen Nachverfolgung von

Kontakten ist der Einsatz von digitalem „contact tracing“ eine wichtige

Maßnahme. Der Bund hat für die Entwicklung der entsprechenden App inzwischen

entschieden, einen dezentralen Ansatz zu verfolgen und den Einsatz dieser App

durch die Bürgerinnen und Bürger nach dem Prinzip der „doppelten Freiwilligkeit“

zu ermöglichen. Das bedeutet, dass die europäischen und deutschen

Datenschutzregeln strikt eingehalten werden und lediglich epidemiologisch

relevante Kontakte der letzten drei Wochen anonymisiert ausschließlich auf dem

Handy des Benutzers ohne die Erfassung des Bewegungsprofils gespeichert

werden. Darüber hinaus soll nicht nur der Einsatz der App auf Freiwilligkeit

basieren, sondern auch eine mögliche Datenweitergabe an das RKI zur

Optimierung der App und für die epidemiologische Forschung soll nur freiwillig

erfolgen. Gibt ein Bürger diese Daten nicht frei, hat das keinen negativen Einfluss

auf seine Nutzungsmöglichkeiten der App. Die App wird transparent „open source“

bereitgestellt. Sobald eine breit einsetzbare Anwendungssoftware (App) vorliegt,

wird es darauf ankommen, dass breite Teile der Bevölkerung diese Möglichkeit

nutzen, um zügig zu erfahren, wenn sie Kontakt zu einer infizierten Person hatten,

damit sie schnell darauf reagieren können. Bund und Länder werden dazu aufrufen.

5. Die Schulen sollen schrittweise eine Beschulung aller Schüler unter Durchführung

entsprechender Hygienemaßnahmen bzw. Einhaltung von Abstandsregeln

ermöglichen. Diese betreffen sowohl den Unterricht, als auch das

Pausengeschehen und die Schülerbef.rderung.

Die Wiederaufnahme des Unterrichts in Form von teilweisem Präsenzunterricht für

Schülerinnen und Schüler hat begonnen und soll in weiteren Schritten gemäß dem

Beschluss der Kultusministerkonferenz in der Zuständigkeit der Länder fortgesetzt

werden. Ziel ist, dass in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen bis zu den

Sommerferien jede Schülerin und jeder Schüler einmal die Schule besuchen kann.

Parallel dazu sollen digitale Unterrichtskonzepte und -angebote weiterentwickelt

werden.

6. Gemäß des Beschlusses der Jugendministerkonferenz vom 27.4.2020 wird die

Kinderbetreuung durch eine flexible und stufenweise Erweiterung der

Notbetreuung spätestens ab dem 11. Mai in allen Bundesländern eingeführt. Dabei

wird sichergestellt, dass bis zu den Sommerferien jedes Kind am Übergang zur

Schule vor dem Ende seiner Kita-Zeit noch einmal die Kita besuchen kann. Die

Einzelheiten regeln die Länder.

7. Für Krankenhäuser, Pflegeheime, Senioren- und Behinderteneinrichtungen

haben Bund und Länder bereits vereinbart, dass nach den jeweiligen lokalen

Gegebenheiten und in den jeweiligen Institutionen besondere Schutzmaßnahmen

unter Hinzuziehung von externem Sachverstand ergriffen werden. Dabei wurde

betont, dass auch zu berücksichtigen ist, dass entsprechende Regularien nicht zu

einer vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen führen dürfen. Vor diesem

Hintergrund der niedrigen Infektionszahlen wird nunmehr beschlossen, dass in alle

Konzepte bzw. die erlassenen Allgemeinverfügungen zu den

Kontaktbeschränkungen bezüglich dieser Einrichtungen eine Regelung

aufgenommen werden soll, die jedem Patienten/Bewohner einer solchen

Einrichtung die Möglichkeit des wiederkehrenden Besuchs durch eine definierte

Person ermöglicht wird, sofern es aktuell kein aktives SARS-Cov-2-

Infektionsgeschehen in der Einrichtung gibt.

8. Auch in der Pandemie wollen wir in Industrie und Mittelstand sicheres Arbeiten

möglichst umfassend ermöglichen. Die Arbeitgeber haben eine besondere

Verantwortung für ihre Mitarbeiter, um sie vor Infektionen zu schützen.

Infektionsketten, die im Betrieb entstehen, sind schnell zu identifizieren. Deshalb

haben Bund und Länder bereits beschlossen, dass jedes Unternehmen in

Deutschland auch auf Grundlage einer angepassten Gefährdungsbeurteilung

sowie betrieblichen Pandemieplanung ein Hygienekonzept umsetzen muss. Dies

bleibt aktuell. Wir leben weiter in der Pandemie, deshalb müssen nicht erforderliche

Kontakte in der Belegschaft und mit Kunden vermieden werden, allgemeine

Hygienemaßnahmen umgesetzt und die Infektionsrisiken bei erforderlichen

Kontakten durch besondere Hygiene- und Schutzmaßnahmen minimiert werden.

Die Unternehmen sind weiterhin aufgefordert, wo immer dies umsetzbar ist,

Heimarbeit zu ermöglichen. Die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden sowie

die Unfallversicherungsträger beraten die Unternehmen dabei und führen

Kontrollen durch. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat dazu mit den

Sozialpartnern, Ländern und DGUV ein Konzept mit den wesentlichen Regeln

vorgelegt.

9. Alle Geschäfte können unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und

zur Vermeidung von Warteschlangen wieder öffnen. Dabei ist wichtig, dass eine

maximale Personenzahl (Kunden und Personal) bezogen auf die Verkaufsfläche

vorgegeben wird, die einerseits der Reduzierung der Ansteckungsgefahr in den

Geschäften durch Sicherstellung von Abständen dient, aber auch darauf abzielt,

den Publikumsverkehr im öffentlichen Raum und im ÖPNV insgesamt zu

begrenzen.

10. Der Sport- und Trainingsbetrieb im Breiten- und Freizeitsport unter freiem

Himmel wird unter den Bedingungen, die im Beschluss der Sportministerinnen und

Sportminister der Länder zum stufenweisen Wiedereinstieg in den Trainings- und

Wettkampfbetrieb vorgesehen sind, wieder erlaubt.

11. Die Sonderstellung von Berufssportlerinnen und Berufssportlern erfordert– auch

rechtlich – eine gesonderte Beurteilung. Die Bundeskanzlerin und die

Regierungschefinnen und -chefs der Länder halten die Fortsetzung des

Spielbetriebes in der 1. und 2. Fußballbundesliga für die dort startberechtigten 36

Vereine auf deren Kosten ab der zweiten Maihälfte für vertretbar. Die DFL legt die

konkreten Spieldaten fest. Dabei sind die Ausführungen von BMAS, BMG und BMI

zum erarbeiteten Schutzkonzept der DFL sowie die Maßgaben des Beschlusses

der Sportministerinnen und Sportminister der Länder von 28.4.2020 zu

berücksichtigen. Dem Beginn des Spielbetriebs muss, wie in dem geprüften

Konzept vorgesehen, eine Quarantänemaßnahme, gegebenenfalls in Form eines

Trainingslagers, vorweggehen. Im Falle eventuell notwendiger Testungen für den

Spielbetrieb ist sicherzustellen, dass aus dem Gesundheitswesen angemeldete

Testbedarfe jederzeit mit Priorität behandelt werden. Der DFB wird gebeten, für die

anderen Ligen tragfähige Zukunftskonzepte zu entwickeln.

12. Die Länder werden in eigener Verantwortung vor dem Hintergrund des jeweiligen

Infektionsgeschehens und landesspezifischer Besonderheiten über die

schrittweise Öffnung der Gastronomie und des Beherbergungsgewerbes für

touristische Nutzung (insbes. Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen) mit

Auflagen auf der Grundlage von gemeinsamen Hygiene- und Abstandskonzepten

der Wirtschaftsministerkonferenz entscheiden.

13. Die Länder werden in eigener Verantwortung vor dem Hintergrund des jeweiligen

Infektionsgeschehens und landesspezifischer Besonderheiten über die

schrittweise Öffnung der Theater, Opern, Konzerthäuser und Kinos mit Auflagen

auf der Grundlage von gemeinsamen Hygiene- und Abstandskonzepten der

Kulturministerkonferenz entscheiden.

14. Die Länder werden in eigener Verantwortung vor dem Hintergrund des jeweiligen

Infektionsgeschehens und landesspezifischer Besonderheiten über die

schrittweise Öffnung der folgenden verbliebenen Bereiche mit Auflagen auf

der Grundlage von gemeinsamen Hygiene- und Abstandskonzepten der jeweiligen

Fachministerkonferenzen entscheiden:

• Vorlesungsbetrieb an Hochschulen

• Übergang der Kinderbetreuung in den eingeschränkten Regelbetrieb gemäß

Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz

• Volkshochschulen, Musikschulen und sonstige öffentliche und private

Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich

• Bars, Clubs und Diskotheken

• Messen

• Fahrschulen

• Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Kosmetikstudios,

Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe

• Sportbetrieb in allen öffentlichen und privaten Indoor-Sportanlagen, Schwimmund

Spaßbädern

• Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen

• Betrieb von sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie die

Wiederaufnahme von Wettkampf- und Leistungssport

• Kleinere öffentliche oder private Veranstaltungen oder Feiern sowie

Veranstaltungen ohne Festcharakter

• Freizeitparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen)

• Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen

• Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen

15. Wie Bund und Länder bereits beschlossen haben, sind Großveranstaltungen wie

z.B. Volksfeste, größere Sportveranstaltungen mit Zuschauern, größere Konzerte,

Festivals, Dorf-, Stadt-, Straßen-, Wein-, Schützenfeste oder Kirmes-

Veranstaltungen derzeit untersagt. Wegen der immer noch gegebenen

Unsicherheit des Infektionsgeschehens ist davon auszugehen, dass dies auch

mindestens bis zum 31. August so bleiben wird.

Foto: Klartext.LA

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