„IST DAS STADTTHEATER FINANZIERBAR?“ – EIN LANDSHUTER STADTRAT SPRICHT KLARTEXT
Ein Stadtrat spricht Klartext!
„Ist das Stadttheater finanzierbar?“
Die Chronologie einer verfahrenen Situation.
Interview mit Stadtrat und Fraktionsvorsitzenden JL/BFL Bernd Friedrich
H.-J. Lodermeier:
Vor dem Hintergrund wichtiger Schulneubauten und Verschiebung von Sanierungen, bekommen wir Landshuter mit den Kosten für das Stadttheater eine ähnliche Situation wie Hamburg mit der Elb-Philharmonie?
StR Friedrich:
Die Kostensteigerung hier in Landshut kennt eine ähnliche Entwicklung, allerdings in anderen Dimensionen. Hamburg fing mit 77 Mio an und endete bei 866 Mio, das 11,24fache der ursprünglichen Planung.
Die ursprünglich Planung begann mit der Sanierung des alten, ehrwürdigen Theaters und rund 18 Mio €. Neue Wünsche kamen dazu, wie ein Neubau, angeheizt von den GRÜNEN mit einer “Studiobühne für die Jahrhundertinvestition“, laut Antrag und einer 3. Bühne, mit weiteren Kosten von 6.69 Mio €.
Schlußendlich landeten wir laut Planer, nach dem ausgewählten Wettbewerbsmodell ,bei 55 Mio €. Zu diesem Zeitpunkt also das Dreifache.
H.-J. Lodermeier:
Hätte man nicht schon zu diesem Zeitpunkt die Handbremse ziehen müssen?
StR Friedrich:
Nein, schon viel früher. Schon bei der Auswahl des Siegermodells im Wettbewerbsverfahren konnte man erkennen welche Kosten damit verbunden sind. Es saßen kompetente Fachleute der Verwaltung und aus dem Theaterbereich in der Jury, die das erkennen mußten.
H.-J. Lodermeier:
Soll das ein Vorwurf an die Beteiligten sein?
StR Friedrich:
Nein, aber eine Feststellung. Immerhin handelt es sich um freiwillige Leistungen und nicht um Pflichtaufgaben. Euphorisiert von Begeisterung für den gelungenen Entwurf wurde immer weiter geplant. Zum Schock nach der Kostenexplosion auf 55 Mio € erklärte der Projektbeauftragte der Verwaltung, Baurat Zistel-Schlingmann ín einer Sitzung, man könne die Kosten durchaus in den Bereich von ca 48 Mio reduzieren. Also der Wille war da. Eine neue Entwurfsplanung in mehreren Varianten war zu erwarten.
H.-J. Lodermeier:
Im April 2019 wurde in einer Plenarsitzung für Sanierung und Neubau des Theaters von der Verwaltung die Kostennäherung auf 48,7 Mio und vom Architekten auf 52,2 Mio dem Stadtrat vorgetragen. Dann die weitere Durchführung beschlossen. Damals stimmten von 34 anwesenden Stadtratsmitgliedern 32 dafür. Sie und ihre Kollegin Dr. Kaindl waren dagegen. Warum?
StR Friedrich:
Ohne Absprache waren wir uns im Klaren darüber, dass schon bei der damaligen Haushaltslage eine Finanzierung nicht möglich war. Kosten von 3 Schulneubauten und dringender Sanierungsbedarf von 10 Schulen in Höhe von insgesamt geschätzten rund 180 Mio € waren zu bewältigen. Jeder im Stadtrat und auch die Verwaltung wußten das. Spätestens bei dieser Entscheidung war noch die Gelegenheit, wie sie sagen „die Bremse zu ziehen“ Mit dieser Entscheidung hat man sicherlich Begehrlichkeiten, nicht nur in Teilen der Landshuter Bürgerschaft geweckt.
H.-J. Lodermeier:
Mit der Klausurtagung des Stadtrates zum Haushalt 2020, im Oktober 2019, kam dann die Feststellung der Verwaltung, dass keine Mittel für das neue Stadttheater vorhanden sind. Viele Mitglieder des Stadtrates, konnte man lesen, waren überrascht ja sogar geschockt. Man holte sogar Staatsminister Sibler nach Landshut, der Hilfe leisten sollte.
StR Friedrich:
Wie gesagt, wer schon im April die Lage richtig beurteilt hätte, konnte nicht überrascht sein. Wie man vernehmen konnte erklärte Bernd Silber nach seiner Rückkehr nach München die Landshuter sollen erst mal ihre Schulaufgaben machen.
H.-J. Lodermeier:
In der letzten Plenarsitzung wurde der neue Vorentwurf zur weiteren Objekt- und Fachplanung des Stadttheaters vorgestellt, mit Kosten von rund 75 Millionen EURO und einem Eigenanteil der Stadt von rund 26 Mio EURO. Im Haushalt 2020, im Dezember 2019 beschlossen, wurden Gesamtkosten für das Theater mit 50 Mio € angegeben aber lediglich 1.85 Mio € für die weitere Planung in 2020 bewilligt und erst ab 2024 weitere 50 Mio. Woher diese Kostensteigerung und wie geht es weiter?
StR Friedrich:
Eigentlich hatte ich mit den neuen Planungen, auch mit dem Vorentwurf eine Reduzierung der Kosten erwartet. Nun sind endlich unter anderem auch die jährlichen Baukostensteigerungen, mit durchschnittlich 5%, berücksichtigt worden. Bei Förderung vom Ministerpräsidenten Söder „versprochenen“ 75%, bleiben 26 Mio bei der Stadt. Ein Betrag, der in den kommenden Jahren im Haushalt nicht abzubilden ist. Rechnet man die bisher in den Bernlochnerkomplex investierten Mittel der Stadt für Grundstück- und Immobilienerwerb, durchgeführte Sanierungen und zusätzlicher Grundstückserwerb für Theatererweiterung dazu, dann sind wir heute bei 100 Mio € Kosten. Dann sind wir bei dem 5fachen der ursprünglichen Planung.
H.-J. Lodermeier
Immerhin haben 31 Stadtratsmitglieder der weiteren Planung zugestimmt. Was sagt der Kämmerer dazu?
StR Friedrich:
Von 42 anwesenden Stimmberechtigten stimmten 31 dafür. Immerhin sind es seit April 2019 nunmehr 11 Gegenstimmen. Die Erkenntnis wächst, dass die Finanzierung das Problem ist. Vielleicht trug auch meine Frage an unseren erfahrenen und kompetenten „Finanzminister“, Kämmerer Rupert Aigner dazu bei, wie er das finanzieren will. Seine eindeutige Antwort war, dass er nicht weiß; woher er die Mittel nehmen soll. Das sagt doch alles.
H.-J. Lodermeier:
In welchem Kontext sehen sie das Problem der dringenden Schulsanierungen?
StR Friedrich:
Sie haben es schon zu Beginn des Interviews angesprochen. In die drei neuen Schulen werden von 2020 bis 2024 rund 120 Mio € Mittel fließen. Vor dem Hintergrund, dass 7 Landshuter Schulen, mit einem Sanierungsbedarf von rund 60 Mio €, in diesem Haushalt in der mittelfristigen Planung bis ins Jahr 2024 verschoben wurden, kann man bei allem Respekt, nicht für eine weitere unfinanzierte Planung des Stadttheater-Neubaus stimmen.
Alle hoffen irgendwoher die fehlenden Mittel zu generieren, so wie beim Eisstadion. Ich denke mit dem Prinzip Hoffnung kann man keinen Haushalt finanzieren.
H.-J. Lodermeier:
Vielen Dank für ihre Stellungnahmen zu meinen Fragen, Herr Friedrich.
Foto: Friedrich priv.