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STROMMARKT 2030: OHNE ANREIZE FÜR NEUE GASKRAFTWERKE DROHT VERSORGUNGSLÜCKE

Bildtext v.l.n.r: Dr. Timm Kehler (Zukunft ERDGAS), Andreas Schierenbeck (Uniper SE), Dr. Simon Schulte (EWI) (Bild: Zukunft ERDGAS/ Tobias Vollmer)

Strommarkt 2030: Ohne Anreize für neue Gaskraftwerke droht Versorgungslücke

Durch Atom- und Kohleausstieg werden im Jahr 2030 zusätzlich bis zu 45 Gigawatt an regelbarer Leistung benötigt. Derzeitige Regulierung schafft keine Anreize für Versorgungssicherheit

 

Kehler: „Wir müssen jetzt über Rahmenbedingungen für Investitionen in neue Kraftwerke sprechen, damit bis 2030 die zusätzlich benötigten Gaskraftwerke am Netz sind.“

Durch den gleichzeitigen Ausstieg aus Atomenergie und Kohle wird Deutschland bis 2030 erhebliche Mengen an zusätzlicher regelbarer Leistung benötigen, um die schwankende Einspeisung der erneuerbaren Energien abzusichern. Welche Lösungen bestehen, um den Zubau dieser Leistung anzureizen, hat eine Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) untersucht. Die Studie wurde im Auftrag von Zukunft ERDGAS erstellt und heute während einer Presseveranstaltung im Rahmen der E-world vorgestellt.

Im Jahr 2019 ist die Stromerzeugung durch emissionsarmes Erdgas um 11 Prozent gestiegen. Erdgas hatte damit einen Anteil von 15 Prozent im deutschen Strommix. Gleichzeitig ist die Kohleverstromung aufgrund des höheren CO2-Preises um 25 Prozent gesunken. Durch den gleichzeitigen Ausstieg aus Atomenergie und Kohle, die bisher einen großen Teil der regelbaren Energie geliefert haben, steigt die Rolle von Gaskraftwerken als sicheres Backup der erneuerbaren Energien. Laut Berechnungen des EWI werden im Jahr 2030 zusätzlich bis zu 45 Gigawatt an regelbarer Leistung benötigt, geplant sind derzeit jedoch lediglich rund 7 Gigawatt an zusätzlicher Kapazität.

Im aktuellen Strommarktdesign – dem Energy-Only-Markt – bilden sich Preise ausschließlich aus Angebot und Nachfrage der tatsächlichen Stromerzeugung. Die vorgehaltene Kapazität der Kraftwerke, die zur Absicherung von Engpasssituationen erforderlich ist, wird in diesem System jedoch nicht vergütet. Investoren haben daher keinen Anreiz, in Kraftwerkskapazitäten zu investieren, die zur Sicherung der Versorgung auch bei „kalter Dunkelflaute“ bereitstehen. Um den Zubau von zusätzlicher Kapazität anzureizen, sollten daher flankierende Mechanismen in das aktuelle Marktdesign integriert werden.

Neben der Versorgungssicherheit liefern Kraftwerke, die regelbare Leistung vorhalten, auch systemrelevante Dienstleistungen. Dazu zählen die Blindleistung, eine regionale kontinuierliche Frequenz zur stabilen Stromübertragung, sowie die Schwarzstartfähigkeit, mit der Anlagen die Wiederaufnahme des Netzbetriebes nach einem Blackout ermöglichen. Diese Systemdienstleistungen werden ebenfalls nicht vergütet.

Dr. Simon Schulte, Manager und Leiter Gasmärkte des EWI:

„Es ist unklar, ob der Energy-Only-Markt zukünftig ein ökonomisch effizientes und gesellschaftlich akzeptables Versorgungssicherheitsniveau gewährleisten kann. Sprich, ob der Markt allein Anreize für den Ausbau von regelbarer Leitung setzen kann.“

Andreas Schierenbeck, Vorstandsvorsitzender der Uniper SE:

„Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft und Kohleverstromung werden flexible Gaskraftwerke mehr denn je zum perfekten Partner der Energiewende. Die aktuellen Rahmenbedingungen werden dieser Schlüsselrolle jedoch in keiner Weise gerecht. Die Branche und der Markt allein werden es nicht richten! Wir brauchen in Deutschland dringend einen Konsens, wie wir die Versorgungssicherheit in Zukunft gewährleisten wollen. So lange das nicht geklärt ist, wird niemand Kraftwerke bauen und in moderne Technologien investieren.“

Dr. Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft ERDGAS:

„Die Erneuerbaren sind unerlässlich für die grüne Energiezukunft. Und Gas ist unerlässlich für die sichere Energieversorgung, wenn Sonne und Wind nicht zur Verfügung stehen. Um den dringend benötigten Zubau von Gaskraftwerken anzureizen, muss Versorgungssicherheit einen Wert erhalten. Es ist an der Zeit, dass dieser auch beziffert wird.

Wir müssen jetzt über Rahmenbedingungen für Investitionen in neue Kraftwerke sprechen, damit bis 2030 die zusätzlich benötigten Gaskraftwerke am Netz sind. Welche Maßnahmen am sinnvollsten sind, damit der Strommarkt rechtzeitig auch bei Spitzenlast die Versorgungssicherheit gewährleisten kann, muss schnell geklärt werden. Und auch die nächste Aufgabe drängt: Langfristig muss auch das Gas in unseren Kraftwerken grün werden. Deshalb müssen wir jetzt anfangen, die Weichen für eine Zukunft mit Wasserstoff zu stellen.“

 

Foto:  Zukunft ERDGAS/ Tobias Vollmer)

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