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Am 1.12. ist Welt-AIDS-Tag – Gut behandelbar, aber nicht heilbar

Der Welt-AIDS-Tag ist der Tag der Solidarität mit Menschen mit HIV und des Gedenkens an die an AIDS Verstorbenen. Er wird seit 1988 jedes Jahr am 01. Dezember begangen Die wichtigsten Ziele sind ein diskriminierungsfreier Umgang und Zugang zu Prävention und medizinischer Versorgung für alle Menschen weltweit.
Seit den 80-er Jahren hat sich sehr viel verändert. „HIV ist heute gut behandelbar, wenn auch noch nicht heilbar“ erläutert Dr. Thomas Sternfeld, einziger niedergelassener HIV-Spezialist in Niederbayern. „Die Lebenserwartung der behandelten Patienten unterscheidet sich nicht mehr von der allgemeinen Bevölkerung. Wir können allen Patienten eine ausgezeichnete Therapie anbieten, unter der sie sich gesundheitlich stabilisieren und nicht mehr ansteckend sind“, so der Mediziner. „Die Therapieverfahren an den bisher von HIV geheilten sieben Patienten weltweit, von denen man gelegentlich in der Presse liest, waren hochkomplexe Stammzelltransplantationen, die aus vielen Gründen nur auf wenige Patienten Anwendung finden können“, so der Arzt. Der Landshuter Hausarzt und Internist bietet eine umfassende Diagnostik und Therapie für sexuell übertragbare Infektionen an und verordnet Menschen mit einem erhöhten Risiko für eine HIV-Infektion auch die sogenannte Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP), einen medikamentösen Schutz vor HIV.
HIV in Zahlen
Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts lebten Ende 2023 in Deutschland ca. 96.700 Menschen mit HIV, ca. 11.800 davon in Bayern. Seit vielen Jahren nahezu unverändert stecken sich in Deutschland jährlich ca. 2.000 Personen neu mit dem Virus an; in Bayern sind dies etwa 280 jährlich. Überwiegend Männer, die Sex mit Männern haben, aber zunehmend heterosexuelle Personen, Migranten und Menschen, die intravenös Drogen konsumieren.
Das hat unter anderem auch damit zu tun, dass Männer, die häufig riskanten Sex mit anderen Männern haben, sich zunehmend für die präventive Einnahme von Medikamenten zum Schutz vor Ansteckung entscheiden. Diese sogenannte „Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP)“ schützt zuverlässig vor einer Ansteckung mit HIV. Der Nachteil: Häufig wird der Schutz vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen (STIs) vernachlässigt. So steigt bei dieser Personengruppe die Zahl der Syphilisinfektionen rapide an. Aber auch in der heterosexuellen Bevölkerung schießen die Zahlen der sexuell übertragbaren Infektionen nach oben. Syphilis, Gonorrhoe (Tripper) sowie Chlamydien-Infektionen nehmen deutschland-, ja europaweit zu, berichtet die Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG).
Ein weiterer Grund: Die Benutzung von Kondomen ist rückläufig. Nach einer aktuellen Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) benutzen über 60 Prozent der Personen, die nicht in einer festen Beziehung leben, beim Sex keine Kondome. Aber auch die Mehrzahl der Personen, die in einer festen Beziehung leben und außerhalb dieser Beziehung Sex haben, verzichten auf den Schutz durch Präservative. Als häufigster Grund wird angegeben: „Ich war mir sicher, dass wir beide gesund sind“.
Unterschiedliche Beweggründe verhindern Schutz
Nahezu alle Personen, die sich neu anstecken, wissen Bescheid über HIV, die Übertragungswege und wie man sich schützt. Es sind auch nicht die unerfahrenen Jugendlichen, wie viele fälschlicherweise annehmen. Vielmehr infizieren eigentlich lebenserfahrene Männer und Frauen. An Wissen mangelt es also nicht.
Aber Wissen allein nutzt gar nichts. Der Vorsatz, z.B. sich und andere beim Sex vor einer möglichen Übertragung zu schützen, ist ja fast immer vorhanden. Aber weitere, starke „Gegner“ machen es unseren Vorsätzen schwer: der Rausch der Sinnlichkeit, die so lange vermisste Nähe und Zärtlichkeit, Alkohol oder andere Substanzen und unsere Annahme, die Situation „natürlich“ im Griff und unter Kontrolle zu haben.
Und so besteht teilweise eine bizarre Risikoeinschätzung. Ungeschützte Sexualkontakte, die ein tatsächliches Übertragungsrisiko in sich bergen, werden aufgrund von Unkenntnis oder Verdrängung nicht als riskant wahrgenommen. Andererseits besteht Unsicherheit, ja Angst vor Betroffenen, bei denen man sich nicht anstecken kann. Sei es, weil bei alltäglichen sozialen Kontakten grundsätzlich kein Übertragungsrisiko besteht oder weil jemand durch medikamentöse Behandlung selbst beim Geschlechtsverkehr für seinen Partner nicht ansteckend ist.
Eine Lösung aus dem „Dilemma“ könnte sein, für sich nach Möglichkeiten zu suchen, den Risikoanteil seines Verhaltens zu minimieren, ohne dass der Spaß an der Sache verloren geht.
Leben mit HIV heute – AIDS ist auch nicht mehr, was es mal war
Obwohl seit 2008 bekannt ist, dass HIV unter Therapie nicht übertragbar ist, sehen sich viele Menschen mit HIV einer Zurückweisung, ja Diskriminierung ausgesetzt. „Durch unser Unwissen und unsere Vorurteile machen wir vielen Betroffenen das Leben unnötig schwer“, wissen Sarah Mandl von der AIDS-Beratungsstelle Niederbayern in Passau und Stefan Ehrlich vom Gesundheitsamt Landshut. Die Sozialpädagogin und der Sozialpädagoge begleiten Menschen mit HIV, schulen Multiplikatoren und führen auch gemeinsame Veranstaltungen in Schulen durch. Dass die Leute sich nicht anstecken und dass sie Menschen mit HIV nicht stigmatisieren, seien wichtige Ziele ihrer präventiven Arbeit, so die beiden Experten.
„Um in Bezug auf Unsicherheit und irrationale Ängste gegenüber Menschen, die mit dem Virus leben, gibt es noch viel aus dem Weg zu schaffen“, so Stefan Ehrlich. Der Berater verweist auf die erschreckenden Ergebnisse der Umfrage der Deutschen AIDS-Hilfe unter Betroffenen. Das zentrale Ergebnis: Die Lebensqualität von Menschen mit HIV wird heute vor allem durch Vorurteile und Diskriminierung eingeschränkt, nicht durch die HIV-Infektion selbst. Schwerer als die gesundheitlichen Folgen der HIV-Infektion wiegen für viele die sozialen Folgen. Besonders häufig kommt Diskriminierung im Gesundheitswesen vor. Über die Hälfte der Befragten machten im Laufe eines Jahres mindestens eine negative Erfahrung. Sei es, dass ihnen unangebrachte Fragen gestellt wurden, eine Gesundheitsleistung verweigert oder ihr HIV-Status gegen ihren Willen an Andere weitergegeben wurde. Eine Konsequenz: Ein Viertel der Befragten legt seinen HIV-Status nicht mehr immer offen.
Solidarität und Respekt
Eine der starken und mutigen Persönlichkeiten, die bei der diesjährigen Kampagne zum Welt-AIDS-Tag HIV ein Gesicht geben, ist Hildegard Stadler, Postbotin aus Fürstenzell im Landkreis Passau. Bei einer Veranstaltung an der Regierung von Niederbayern berichtete sie den anwesenden Medizinerinnen, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen aus den Gesundheitsämtern in Niederbayern aus ihrem Alltag mit HIV. Um Personen, die sich neu angesteckt haben Orientierung und Unterstützung anzubieten, stellt sie sich für das „Buddy-Projekt“ der Deutschen AIDS-Hilfe zur Verfügung. Dieses Projekt vermittelt bundesweit Menschen, die selbst HIV-positiv sind und die anderen mit ihrer eigenen Erfahrung bei den ersten „positiven“ Schritten mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Beratung und Tests
„Um neben HIV auch weitere sexuelle Infektionen rechtzeitig zu erkennen, haben wir unser anonymes und kostenloses Beratungs- und Testangebot erweitert“, so der Leiter des Gesundheitsamtes Landshut, Dr. Heribert Stich. „Bei ca. 30 Prozent aller HIV-Erstdiagnosen weisen die Patienten bereits eine erhebliche Beeinträchtigung ihres Immunsystems auf, weil ihre Infektion zum Teil schon Jahre zurückliegt. Je eher daher eine Infektion diagnostiziert wird, umso weniger gesundheitliche Beeinträchtigung hat man zu erwarten“, wirbt der Mediziner für eine frühzeitige Testung.
Ausführliche Information und Beratung zur sexuellen Gesundheit erhalten Sie über das Gesundheitsamt Landshut (0871 408-5000), die AIDS-Informations- und Beratungsstelle Niederbayern (0851 560-6101) sowie die Deutsche AIDS-Hilfe.
Empfehlenswerte Internetseiten:
www.welt-aids-tag.de (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung)
www.testjetzt.de (Bayerische HIV-Test-Wochen)
www.aidshilfe.de (Deutsche AIDS-Hilfe)
(Text: Reinhold Bieramperl, Gesundheitsamt Landshut)
Landratsamt Landshut
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